Page 326 - Zur Reinheit funktionaler Oberflächen
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Vielen stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage warum
                                                       Viskose dann oftmals als „Chemiefaser“ bezeichnet wird.
                                                       Der Stoff besteht ja doch hauptsächlich aus Zellulose, die
                                                       ursprünglich aus Holz gewonnen wird. Die Antwort steht
                                                       nicht im Zusammenhang mit dem eingesetzten Material Holz
                                                       sondern mit dem Fertigungsprozess. Um Viskose zu gewinnen,
                                                       wird die Zellulose mit Hilfe agressiver Chemikalien aufwändig
                                                       verarbeitet.

           21.3 Viskose (CV)                           Viskosefasern sind mittlerweile angemessen preiswert, so dass
                                                       es möglich ist, aus ihnen ökonomisch interessante Wischmittel
                                                       zu fertigen. Sie haben auch eine ganze Reihe Wischmittel-
                                                       kompatibler Eigenschaften. Lediglich die eingeschränkte
                                                       Abriebfestigkeit / bzw. erhöhte Partikelfreisetzung mindert ihre
                                                       Attraktivität für den Einsatz als HiTech-Wischmittel - Viskose
                                                       hat viele Eigenschaften, die sich insbesondere für den Wisch-
                                                       mittel-Bereich als günstig erweisen, so dass dem Material in
                                                       seiner mehrfach verbesserten Ausführung als Lyocell/Tencel
                                                       eine technologisch und ökonomisch aussichtsreiche Position
                                                       einnehmen könnte. Dies soll nicht heißen, dass für die Präzi-
                                                       sionsreinigung ausgewählter Oberflächen nicht auch weiterhin
                                                       mehrfach dekontaminierte Synthetics-Proidukte Einsatz finden
                                                       werden.

           21.4 Viskose-Herstellung                    Die Viskosevlies-Herstellung vollzieht sich im Prinzip in drei
                                                       aufeinander folgenden Schritten:

                                                          • Aufbereiten der Spinnmasse
                                                          • Spinnvorgang durch Fällen
                                                          • Nachbehandlung
                                                       Das Ausgangsmaterial ist Zellulose (C H O ) von hohem Rein-
                                                                                        10
                                                                                          5
                                                                                      6
                                                       heitsgrad. Im ersten Prozessschritt wird dem Zellstoff Natron-
                                                       lauge NaOH hinzugegeben um seine Mercerisierung (Quellung)
                                                       zu bewirken. Anschließend erfolgt die Zugabe von Schwe-
                                                       felkohlenstoff CS  (Xanthat). Zum Erhalt einer reinen Masse
                                                                     2
                                                       erfolgt eine mechanische Filterung. Danach ist es unverzicht-
                                                       bar, die filtrierte Masse eine bestimmte Zeit lang lang reifen zu
                                                       lassen.
                                                       In der zweiten Fertigungsstufe erfolgt der eigentliche Spinn-
                                                       vorgang: Zunächst wird ein Spinnbad aus Schwefelsäure zube-
                                                       reitet und diesem sowohl Natrium-Sulfat als auch eine geringe
                                                       Menge Zinksulfat hinzugegeben. Die Masse wird mittels einer
                                                       Zahnradpumpe durch eine Düsenplatte welche mit Spinndüsen
                                                       im Durchmesser von 0,05 mm versehen ist, hindurchgepresst.
                                                       Dabei nehmen die etwa 10 µm dicken Materialstränge feste
                                                       Form an. Es entstehen Viskosefäden (siehe Abb. 6).

                                                       In der dritten und letzten Fertigungsstufe erfolgt eine Nachbe-
                                                       handlung. Das Material wird dabei chlorfrei gebleicht und mit
           Abb. 5 Spinnapparat einer Australischen Gar-  einer Tensid-Avivage im Promille Massen-Bereich versehen und
           tenspinne (Foto: Jason 7825, wikimedia.com)  getrocknet.

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