Page 192 - Zur Reinheit funktionaler Oberflächen
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und Abbildungen erlauben, die frei von elektrischen Ladungs-
                                                       artefakten sind. Die bei uns gefertigten Tücher bestehen zum
                                                       großen Teil aus polymeren Endlos-Garnen oder Vliesstoffen
                                                       aus Polyester-, Polyamid- oder Polypropylen-Fasern. Diese
                                                       Materialien neigen in der Elektronen-Mikroskopie normaler-
                                                       weise zu Überstrahlungen der abgebildeten Strukturen. Dies
                                                       war für uns jedenfalls bisher die größte Einschränkung beim
                                                       Einsatz der Elektronen-Mikroskopie.

           11.1 Das Thermo-Fisher-Scientific           Schon bei der Inbetriebnahme erwies sich das PhenomWorld-
           PHENOM-Elektronen-Mikroskop                 Mikroskop (Abb. 1) als nahezu ideal für unsere Applikation.
                                                       Im Standard-Modus kam es mit dem BSE-Detektor (Back
                                                       Scatter Electron) bei nur 5 kV Beschleunigungs-Spannung
                                                       und 8 nm Goldbeschichtung zu beeindruckenden Bildergeb-
                                                       nissen (siehe Bildbeispiele im Anhang). Dafür gibt es eine
                                                       Reihe von Gründen: Der Rückstreu-Detektor ist besser als der
                                                       Sekundär-Elektronen-Detektor für die Artefakte-freie Abbil-
                                                       dung von Material-Kontrasten geeignet. Die Cerhexaborid
                                                       (CeB6)-Kathode hat einen 10fach höheren Richtstrahlwert
                                                       im Vergleich mit der Wolfram-Kathode. So lassen sich mit
                                                       geringerer Beschleunigungs-Spannung von z. B. 5 kV deutlich
                                                       höhere Vergrößerungs-Maßstäbe erzielen. Zudem befinden
                                                       sich im Niedervakuum der Probenkammer Wassermoleküle,
                                                       die durch den Elektronenstrahl positiv ionisiert werden.
                                                       Im Scanfeld des Mikroskops bildet sich bei nicht leitenden
                                                       Oberflächen ein starkes negatives Potenzial. Auch durch
                                                       diese Aufladungs-Reduktion werden die sichtbaren Artefakte
           Abb. 1 PhenomWorld Pro-Elektronen-Mikroskop im   reduziert. Allerdings ist es sinnvoll mit Arbeitsabständen von
           PC-Format: B 30 x H 49,5 x T 57 cm          4-8 mm zu arbeiten. Größere Arbeitsabstände beeinträchtigen
                                                       das Signal-Rausch-Verhältnis.

                                                       Allerdings: Ohne Mapping-Software lassen sich mit dem Gerät
                                                       keine Abbildungs-Maßstäbe unter 100-fach realisieren. Wir
                                                       benötigen jedoch Vergrößerungen bis herab zu 20-fach. Das
                                                       dafür vorgesehene Software-Mapping ist zwar zeitaufwän-
                                                       dig, aber es funktioniert zufriedenstellend und zumeist ohne
                                                       Mapping-Artefakte. Bei Einsatz der Mapping-Funktion werden
                                                       Vergrößerungs-Maßstäbe bis 65x erreicht. Ein solches Mapping
                                                       besteht dann aus 99 Einzelbildern und dauert bis zu seiner
                                                       Fertigstellung ca. 18 Minuten.

                                                       Auffallend sinnreiche Konstruktionen sind die seitlich in die
                                                       Probenkammer einführbaren Probenhalter. Davon werden
                                                       sechs verschiedene Ausführungen angeboten: Standard
                                                       (Abb. 2), Antistatik, Temperature-Control (- 25 bis + 50 °C),
                                                       Metallurgie, stabförmige Mikro-Objekte und Motor-getriebene
                                                       Dreh-Neiger. Die Probenhalter sind so beschaffen, dass die
                                                       Proben nach Montage auf der Probenbühne von der oberen
                                                       Einstellebene her gesehen durch Rechtsdrehen eines Stellrings
                                                       variabel absenkbar sind. So lassen sich sowohl die Bildfeld-
                                                       größe als auch die Schärfentiefe der Abbildung verändern.
                                                       Das Fokussieren des Bildes wird mit zunehmender Entfernung
                                                       zwischen Probe und BSE-Detektor schwieriger und es gibt

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