Technik, Wissenschaft und Kunst - eine Laudatio für Win Labuda - page 5

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10 -Win Labuda „Zeitskala 4“,
Holzschnitt, 1998
11 -Win Labuda „Zeitskala 8“,
Holzschnitt, 1998
12 -Win Labuda „Terbel“,
Pigmentdruck, 2005
Zum Abschluss der Betrachtungen ihres künstlerischenWerkes gehe ich
auf die Serie „die Fläche“ ein: Über die Beweggründe für dieseWerke
kann ich nur spekulieren. Ich sehe in ihnen Parallelen zum synektischen
Denken im Sinne vonWilliam J.J. Gordon [15] (*1920). Man versteht
darunter einen Prozess, Verbindungen zwischen scheinbar getrennten
Elementen zu entdecken: Man nimmt Dinge auseinander und setzt sie
wieder zusammen, um somit neue Einblicke in ihre Natur zu gewinnen.
Ein weitererWeg synektischen Denkens ist die Verfremdung von
Bekanntem, um sich mit Unbekanntem vertraut zu machen. Stellver-
tretend für diesen Gedankengang steht das Kunstwerk „Terbel“ aus der
Serie „die Fläche“. Der Betrachter mag versuchen, anhand „Terbel“ die
einzelnen Elemente der Darstellung zu isolieren und nach unterschied-
lichen Verbindungen zwischen ihnen zu suchen. Welches bereits
Bekannte ist verfremdet worden?
Das technisch-wissenschaftlicheWerk
Im Folgenden gehe ich nun auf Ihr technisch-wissenschaftliches
Lebenswerk ein: Sir Karl Raimund Popper [16] (1902-1994) hat mit seinen
Arbeiten zur Erkenntnistheorie und zurWissenschaftstheorie den kriti-
schen Rationalismus begründet. Popper legte seine Grundgedanken zur
Wissenschaftstheorie in demWerk „Logik der Forschung“ dar. Das
Wenn beide Philosophen recht haben, offenbart sich somit die Zeit als
Horizont desWissens [12]. Damit stellen sich drei wichtige Fragen:
Was heißt Sein?
Was heißt Wissen?
Was heißt Zeit?
Ich möchte nun kurz auf dasWesen von Zeit eingehen, auf Zeit als
Voraussetzung desWissens. Die Geschichte des Menschen und derWelt
geschieht in der Zeit. In diesem Augenblick wissen wir das Vergangene in
Gestalt von Fakten und das Zukünftige in Gestalt von Möglichkeiten – in
voller Übereinstimmung mit den Aussagen der Quantenmechanik, aber
im Gegensatz zum Philosophen LudwigWittgenstein [13] (1889-1951). Im
„Tractatus logico – philosophicus“ schreibt er: „DieWelt ist alles, was der
Fall ist.“ …Während ich dieses sage, verrinnt unablässig das Jetzt .
Wenn man mit Mathematik Strukturen schafft, so ist dieses Schaffen eine
Handlung und damit ein Vorgang in der Zeit. Damit begründet Zeit
Mathematik. Die gleichen Überlegungen gelten aber auch für das
Schaffen eines Kunstwerkes. Kant deutet die Intuition des Zählens als
Intuition von der Zeitstruktur [14]. Zukunft ist hier die Möglichkeit des
Weiterzählens. Genau diese Kant’sche Aufforderung zum Zählen wird in
Ihrer bildnerischen Serie „die Zeit“ deutlich. Vergleichen Sie bitte hierzu
Ihre verschiedenen Zeitskalen-Bilder.
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