Technik, Wissenschaft und Kunst - eine Laudatio für Win Labuda - page 1

Technik,Wissenschaft und Kunst -
eine Laudatio fürWin Labuda
Eckhard Schollmeyer* am 28. Juni 2008 im Institut für Medizin- und
Wissenschaftsgeschichte der Universität zu Lübeck
Einführung
Liebe Gäste, liebe Frau Labuda, Lieber Herr Labuda,
wir feiern heute Ihren 70. Geburtstag, und ich möchte mit meiner
Laudatio Ihr Lebenswerk ehren.
In der Biblischen Zahlensymbolik ist die Zahl 70 das Ergebnis der Multi-
plikation der Zahlen 7 und 10. Die 7 steht für „Gottes Ratschluss und
Weisheit“. Die 10 repräsentiert „Alle dieser Zeit undWelt“. Die Zahl
siebzig repräsentiert somit „Alle nach GottesWeisheit und Ratschluss“.
Nach hebräisch-jüdischer Tradition gibt es 70 Völker (1. Mose 10);
dementsprechend sandte Jesus 70 Jünger aus (Lukas 10,1). Alle Seelen,
d.h. deren Anzahl, des Hauses Jakob, die nach Ägypten kamen, waren 70
(1. Mose 46,27). Moses setzte 70 Älteste ein (4. Mose 11,16). Der
Sanhedrin umfasste 70 Ratsmitglieder plus den Vorsitzenden. Für altori-
entalische Religionen, wie z.B. in Babylon, haben Zahlen eine mystische
Bedeutung: In der babylonischen Zahlensymbolik ist 70 die Zahl des
vollendeten Kreislaufs. [1]
Mir wurde die Ehre übertragen, eineWürdigung Ihrer divergierenden
Arbeiten vorzunehmen. Dabei besteht sicher von Ihrer Seite derWunsch,
Ihre fotografischen, grafischen und skulpturalen Arbeiten sowie Ihre
Essays zu aktuellen Themen der Kunst zu würdigen. Sie erwarten
vielleicht auch, dass ich einen Bogen zu Ihrer Produktion außergewöhn-
licher Tondokumente spanne. Auch sollte ich auf die Erforschung der
Mechanik des wischenden Reinigens und auf Ihre weiteren Arbeiten zu
anderen Fragen der Reinraumtechnik eingehen. Letztlich darf Ihr unter-
nehmerisches Geschick nicht unerwähnt bleiben; denn ohne Ihren
wirtschaftlichen Erfolg wären viele Ihrer Leistungen vielleicht gar nicht
möglich gewesen. Wie lässt sich nun ein solcher Bogen spannen? Oder
besser gesagt: Auf welcher philosophischen Grundlage kann ein
Betrachter wie ich dieses Lebenswerk verstehen? Ich hoffe, dass ich mit
meiner Vorgehensweise in dieser Laudatio IhremWerk gerecht werde.
Ich beziehe mich zunächst auf den Philosophen Salomon Maimon (1753-
1800): Er versuchte, Philosophie als geistige Einheit zusammen mit
Mathematik und Naturwissenschaften zu betreiben. Dahinter ist auch
ein Bruch mit dem schulphilosophisch verbürgten Zusammenhang von
Mathematik und Metaphysik zu sehen. Maimon folgte der Philosophie
Immanuel Kants (1724-1804), d.h. auch seiner Metaphysik-Kritik und
stellte sich somit gegen die schulphilosophische Position Moses
Mendelssohns (1729-1786). Nach Maimons frühemTod im Jahre 1800
wurde diese Richtung nicht weitergeführt. Es erfolgte vielmehr – durch
rasche Erkenntnisfortschritte beschleunigt - eine Spezialisierung der
Mathematik und der naturwissenschaftlichen Disziplinen [2,3].
Damit stellt sich zunächst die Frage nach demWesen der Mathematik.
Carl Friedrich Freiherr vonWeizsäcker (1912-2007) gibt hierzu den
Entwurf einer Antwort in vier aufsteigenden Sätzen [4]:
1
1 - Professor Dr. Eckhard Schollmeyer,
Lübeck, 2008
1 2,3,4,5,6,7,8,9
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