Page 172 - Zur Reinheit funktionaler Oberflächen
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8.6 Die Inhaltsstoffe des                   Die Inhaltsstoffe des Flüssigkeits-Rückstands bestehen physi-
           Flüssigkeits-Rückstands                     kalisch gesehen aus:
                                                       • Partikeln
                                                       • Faserfragmenten
                                                       • organischem Schmier
                                                       oder anders betrachtet aus:
                                                       1. den Stoffen die ursprünglich auf der zu reinigenden Oberflä-
                                                         che vorlagen, vermischt mit solchen, die durch das Lösungs-
                                                         mittel aus dem Reinigungstuch extrahiert wurden und
                                                       2. aus den Inhaltsstoffen des Lösungsmittels.
                                                       Extraktionen aus Präzisions-Reinigungs-Tüchern nach dem
                                                       Soxhlett-Extraktions-Verfahren ergaben Mengen von Ace-
                                       0,2 mm          ton-löslichen Rückständen in der Größenordnung bis zu
                                                       0,5 Gewichtsprozent. Das entspricht etwa 35 mg Extrakt pro
                                                       Reinigungstuch. Diese Menge ist ausreichend um nach dem
                                                       Wischvorgang, deutliche Spuren (Schlieren) auf der Ober-
                                                       fläche zu hinterlassen. Wischversuche mit vorgefeuchteten
                                                       Reinigungs-Tüchern (Polyestergestricke getränkt mit einem
                                                       Isopropylalkohol-DI-Wasser-Gemisch), ergaben solche Rück-
                                                       standsspuren auf einer beschichteten Glasplatte. Die Rück-
           Abb. 12 Rückstände nach einer Feuchtreinigung, Ver-
           größerung ca. 80x (Differential-Interferenzkontrast nach   stände darauf konnten im Interferenzkontrast-Verfahren nach
           Nomarski)                                   Nomarski abgebildet werden (Abb. 12).
                                                       Ellipsometrische Dickenmessungen der Schmierschichten
                                                       an relativ reinen Edelstahl-Oberflächen, welche mit einem
                                                       im Lieferzustand bereits vorgefeuchteten Reinigungstuch
                                                       gereinigt wurden, ergaben einen Dickenzuwachs der auf der
                                                       Oberfläche vorhandenen Schmierschicht um einige Nanome-
                                                       ter (zehn Nanometer dicker Schmier ist auf einer Glasfläche
                                                       deutlich mit bloßem Auge als Schliere sichtbar) im Vergleich
                                                       mit kurz vor Gebrauch befeuchteten Tüchern. Dies kann ein
                                                       Hinweis darauf sein, dass vorgefeuchtete Reinigungs-Tücher
                                                       beim Gebrauch eher zu Schlierenbildung neigen als kurz vor
                                                       Gebrauch befeuchtete. Aus dieser Tatsache lässt sich sehr gut
                                                       die Möglichkeit herleiten, die Schlierendicke beim feuchten
                                                       Wischvorgang ohne Verunreinigungsmasse mit verschiedenen
                                                       Reinigungs-Tüchern abzubilden und so zu Erkenntnissen über
                                                       deren Gebrauchsgüte für eine Präzisionsreinigung zu kommen.

                                                       Zusammenfassend weisen die Aussagen der bisher in diesem
                                                       Bereich durchgeführten Untersuchungen den Weg zu weiteren,
                                                       noch differenzierteren Untersuchungen der beim wischenden
                                                       Reinigen auftretenden Effekte. Das tiefergehende Verständ-
                                                       nis für die Vielzahl der physikalischen Vorgänge, welche beim
                                                       wischenden Reinigen mit einem textilen Tuch über eine Ober-
                                                       fläche auftreten, wird die Grundlage für die Entwicklung neuer,
                                                       hochwertiger und auf ihren Einsatzzweck hin entwickelter
                                                       Reinigungsmedien aus textilen Flächengebilden sein.
                                                       Insbesondere das Studium der Auswirkungen der chemischen
                                                       Ausrüstung der Reinigungs-Tücher auf den Reinigungsvorgang
                                                       erfordert weitere Forschungsarbeiten mit Hilfe moderner spek-
                                                       tralanalytischer und tensiometrischer Methoden.
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