Page 168 - Zur Reinheit funktionaler Oberflächen
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oder Polypropylen und bei Gestricken aus gröberen Poly-
                0,8                                    estergarnen. Diese hinterlassen jedoch andererseits ver-
                                                       gleichsweise wenig Abrieb auf raueren Oberflächen oder auf
               Wasseraufnahme in g  0,4                che Abhängigkeit der Flüssigkeits-Rückstandsmenge von der
                                                       solchen mit Ecken und Kanten [1]. Es zeigt sich eine deutli-
                0,6
                                                       Tuchkonstruktion.

                                                       Die Untersuchung des dynamischen Flüssigkeitsaufnahme -
                0,2
                                                       Verhaltens einzelner Tücher mittels einer Videokamera zeigte
                                                       erhebliche Unterschiede im Bereich der lateralen kapillarischen
                 0
                     0      25    50    75   100       Verteilung der Flüssigkeit.
                                Sekunden
                  Mikrofilamenten-Optiktuch  Equipment-Tuch  Bei Tüchern mit geringer lateraler Flüssigkeitsverteilung kam
                                                       es zur Übersättigung des Textils in einem engen Kontaktbe-
           Abb. 6 Kapillarische Wasseraufnahme, Vergleich Equip-
           ment-Tuch und Optiktuch                     reich zwischen Tuch, Prüfflüssigkeit und Oberfläche (Abb. 5.2).
                                                       Diese Übersättigung entsteht aufgrund mangelnder Flüssig-
                                                       keits-Absorption und verursacht die Verteilung (Verschlierung)
                                                       größerer Mengen der Prüfflüssigkeit über die Prüffläche. Das
                                                       Reinigungstuch bekommt so die Funktion eines Flüssigkeits-
                                                       Auftragstuchs. Die dem Tuch zugedachte Reinigungs-Funktion
                                                       wird nicht erfüllt, und die zu reinigende Oberfläche wird mit
                                                       den Stoffinhalten des Tuchs sowie dem Lösungsmittel verun-
                                                       reinigt. Dieser Funktions-Umkehr-Effekt von Reinigungstuch zu
                                                       Auftragstuch wurde bereits von Labuda beschrieben [2].
                                                       Die bei einem Wischvorgang unter das Reinigungstuch
                                                       gelangende Flüssigkeit muss im Bereich zwischen Tuch und
                                                       Gebrauchs-Oberfläche möglichst schnell kapillarisch ins Innere
                                                       des Reinigungstuches hinein absorbiert werden. Je höher
                                                       die Anzahl der Papillen (Kontaktpunkte zwischen Tuch und
                                                       Oberfläche) pro Flächeneinheit, und der damit einhergehenden
                                                       Kapillare, desto effektiver kann die Flüssigkeit aufgenommen
                                                       werden (Abb. 6). Diese Erkenntnis bewahrheitet sich jedoch
                                                       nur bis zu einem bestimmten Optimum, welches abhängig ist
                                                       von der Größe und Form der Kapillaren des Reinigungstuchs,
                                                       der Oberflächenspannung des Lösungsmittels und eventuell
                                                       einer Oberflächenspannungs-mindernden chemischen Ausrüs-
                                                       tung des Reinigungstuchs. Reinigungs-Tücher aus Fein- und
                 70                                    Feinstgestricken verfügen aufgrund der höheren Anzahl an
                 60
                 50                                    Fibrillen über deutlich mehr Papillen als Reinigungs-Tücher aus
               Angabe in %  40                         Das kapillare Optimum für die Flüssigkeitsaufnahme wird
                                                       gröberen Garnen.
                 30
                 20
                 10
                  0                                    überschritten bei solchen Gestricken, welche üblicherweise zur
                                                       trockenen Entfernung dünner Fettschichten von glatten Ober-
                     1    2    3   4    5    6
                             Tuch-Nummer               flächen gedacht sind, wie z. B. Optik-Reinigungs-Tücher hoher
                  % Rein-Effektivität  Korrelations-   textiler Dichte (Microfaser). Das Garn ist bei dieser Tücherart
                      für dünne Ölsch.  Gerade Öl      zu einem Gebilde verarbeitet, welches aufgrund seiner ext-
                  % Flüssigkeits-     Korrelations-    remen Dichte eine kapillarische Verteilung von Flüssigkeit im
                      Rückstand       Gerade Wasser
                                                       Tuch nur langsam zulässt.
           Abb. 7 Korrelation zwischen Restflüssigkeitsmenge und
           Reinigungs-Effektivität für dünne Ölschichten bei Präzisi-  Die Folge bei der Prüfung ist ein Verschieben der Prüfflüssig-
           ons-Reinigungs-Tüchern aus Polyester        keit über die Oberfläche bis hin zum Ende der Wischbewegung,


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