Page 274 - Zur Reinheit funktionaler Oberflächen
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Für Reinraum-Handschuhe gibt es drei wesentliche
Prüfkriterien:
• die allergologische Unbedenklichkeit
• die Materialfestigkeit und
• die reintechnische Eignung
Die allergologische Unbedenklichkeit basiert auf medizinisch
bekannten Erfahrungswerten mit verschiedenen für die Hand-
schuhfertigung verwendeten Rohmaterialien wie Latex, Polyvi-
Abb. 5 Oberfläche eines Nitril- nylchlorid, Polyethylen oder Polyurethan. Sie ist mit technisch
Handschuhs, 3.800fach, Partikel- normalen Mitteln nicht prüfbar. Aussagefähig sind lediglich
bildung im Vulkanisierprozess statistisch relevante Reihenuntersuchungen.
Die Materialfestigkeit von Schutzhandschuhen lässt sich mit
Hilfe bekannter Prüfmethoden erfassen. Um Schutzhandschuhe
jedoch auf ihre reintechnische Eignung hin zu prüfen, bedarf
es gut durchdachter Methoden und auch eines speziellen Ins-
trumentariums. Wie im Bereich HiTech-Reinigungs-Tücher ist
es nicht ausreichend, die Partikelanzahl auf der Oberfläche des
Produktes zu erfassen und von dem so erhaltenen Ergebnis auf
dessen Brauchbarkeit für den Einsatz im Reinraum zu schlie-
ßen. Auch eine Reihe von Merkmalen der Material-Beschaffen-
heit ist für die reintechnische Eignung von Handschuhen nicht
Abb. 6 Oberfläche eines Latex-
Handschuhs, 3.800fach, deutliche unbedeutend:
Furchenbildung
Beispielsweise sind die Anzahl der sog. Pinholes (Mini-Löcher)
und deren Durchmesser für eine reintechnische Materialprü-
fung wichtig, weil sich nach einer bestimmten Tragezeit im
Handschuh-Innern Handschweiß ansammelt, welcher durch
solche Pinholes nach außen dringen kann. Handschweiß
enthält große Mengen von Natrium-Ionen, welche z. B. in
einer Halbleiter-Fertigung unerwünscht sind. Hinzu kommen
Perforationen des Handschuhmaterials durch die mechani-
sche Arbeits-Belastung. Roger Welker [1, 2, 3] berichtet, dass
bei zwei Untersuchungen der Barrierefestigkeit - leider ohne
statistische Angaben - bei der ersten Untersuchung nach zwei
Stunden 70 % der Handschuhe ein Leck aufwiesen und beim
zweiten Versuch 57 %.
Das Gleiche gilt für die Schneidfestigkeit des Handschuh-
Materials. Gerade der Fingerkuppen-Bereich ist bei dünnwan-
digen Schutzhandschuhen kritisch, weil hier die Fingernägel
bei druckvollem Kontakt mit Oberflächen durch den Handschuh
hindurch wie Messer wirken und das dünnwandige Handschuh-
Material zerstören können. Andererseits ist gerade in diesem
Bereich Dünnwandigkeit des Handschuhs gefordert, um das
Tastgefühl zu erhalten.
Auch die Chemikalien-Beständigkeit des Handschuhmaterials
hat reintechnische Bedeutung: Bereits kurzzeitiger Kontakt mit
einigen Lösungsmitteln, Säuren oder Laugen verändern die
Oberflächen-Struktur des Handschuhs im Sinne einer Erwei-
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