Page 259 - Zur Reinheit funktionaler Oberflächen
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Die Hersteller von Rollenware sind beispielsweise nicht in der
Lage, dem Converter die reintechnischen Parameter Partikel-
freisetzung und Ionenbestand zu garantieren. Sie besitzen
weder das messtechnische Instrumentarium noch die not-
wendige Fertigungs-Erfahrung, noch die Möglichkeit einer
Qualitäts-Überwachung für dieses spezielle Produkte-Spekt-
rum. Zudem sind die in der Reintechnik-Branche benötigten
Materialmengen für die Roll-Goods-Hersteller vergleichsweise
gering. Eine große Spunlace-Maschine fertigt 400 m² Vliesstoff
pro Minute. Das entspricht pro Stunde der Menge von 430.000
Reinigungs-Tüchern - dem Tücher-Jahresbedarf eines mittel-
großen Halbleiter-Herstellers.
Zu den Roll Goods gehören aber auch die Gestricke, aus denen
die Converter Präzisions-Reinigungs-Tücher fertigen. In diesen
Rohgestricken sind noch Chemikalien-Reste aus der Garn-Her-
stellung enthalten. Kein Strickerei-Unternehmen ist in der Lage
die notwendigen chemischen Untersuchungen durchzuführen
um die Menge der Chemikalien-Reste zu bestimmen, die in
den gelieferten Rohgestricken verblieben ist. Und selbst wenn
dies möglich wäre, so ließe sich die immerwährende Einhal-
tung dieser Daten (Werte) nicht garantieren. Die Strickereien
müssten überschüssige oder von der vorhergehenden Liefe-
rung abweichende Chemikalien-Rückstände bei den Garnfab-
riken reklamieren. Die Verunreinigungen resultieren teilweise
jedoch bereits aus der Garnherstellung und diese findet
zumeist in China, Indien oder Malaysia statt. Der Converter ist
also in vielen Fällen auf seine Jahrzehnte lange Erfahrung mit
ausgewählten Hersteller-Betrieben angewiesen.
14.4.7 Zertifizierung ohne Hersteller- Ein generelles Problem stellt sich bei der Spezifizierung und
Überwachung ist sinnlos Zertifizierung von Reinraum-Verbrauchsmaterial aus auslän-
dischen Rechtsgebieten. Im Inland ausgestellte Qualitäts-
Zertifikate für ausländische Produkte können nach Prüfungs-
Durchführung ihre Aktualität faktisch schon nach Wochen
verlieren und praktisch wertlos sein - nämlich dann, wenn
keine laufende Qualitäts-Überwachung der ausländischen
Produktionslinien durch turnusmäßige Auditierung vor Ort
erfolgt. Solche Zertifikate haben aber eine bestimmte zuge-
sagte Gültigkeitsdauer beispielsweise von bis zu fünf Jahren.
Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass Reinraum-Verbrauchs-
material-Importeure ihren Kunden 5 Jahre lang ein Zertifikat
vorweisen, bei dem nicht überwacht wird, dass der ausländi-
sche Hersteller des zertifizierten Produktes überhaupt noch die
einstmals bemusterte Qualität einhalten will oder kann. Hier
stellt sich nicht lediglich die Frage nach einer „Zertifizierungs-
Tauglichkeit“ von Produkten, Produkt-Gruppen und Fertigungs-
Prozessen. Hier stellt sich die Frage nach der Zertifizierungs-
Tauglichkeit der Zertifizierer und deren Kontrolle durch eine
übergeordnete technische Stelle wie die DAKKS (Deutsche
Akkreditierungsstelle). Bevor man also an eine Zertifizierung
von Reinraum-Verbrauchsmaterialien denkt, muss zunächst
einmal festgestellt werden, ob sowohl die Prozesse, die Mate-
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