Page 284 - Zur Reinheit funktionaler Oberflächen
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weniger reinen Papieren. Für Reine Papiere gibt es wegen des
                                                       aus papiertechnischer Sicht sehr kleinen Marktes weltweit
                                                       nur fünf bekannte Hersteller. Die Oberflächen und Kanten der
                                                       Papiere wurden elektronenmikroskopisch fotografiert. Die
                                                       Abbildungen wurden in unserem Forschungslabor angefertigt
                                                       (Abb. 4, 5, 7 bis 9 und 12 bis 16, © Yuko Labuda) [1].

           16.2 Reintechnische Prüfmethoden            Reine Papiere gehören zu den großflächigen Produkten, welche
                                                       den Reinraum ständig durchlaufen - genau wie Overalls, Ver-
                                                       packungsfolien, Reinigungs-Tücher und Mopps. Daher sollte
                                                       der Reinraum-Ingenieur diesem Produkt in seinem clean-con-
                                                       cept entsprechende Beachtung schenken. Dazu gehört auch
                                                       die Kenntnis der Qualitätsmerkmale und Belastungs-Grenzen
                                                       solcher Papiere.

                                                       Eine der wesentlichen Anforderungen an reines Papier ist
                                                       dessen reduzierte Partikelfreisetzung beim Einsatz. Drei Mög-
                                                       lichkeiten, wie reines Papier zur Partikelquelle werden kann:
                                                        • durch die Beschaffenheit der Oberfläche
                                                        • durch die Beschaffenheit der Kanten
                                                        • durch die Freisetzung geringgradig haftender Tonerpartikel
                                                         nach Bedruckvorgängen im Kopierer

                                                       Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die Oberflächen-Reinheit
                                                       der Papiere messtechnisch zu erfassen. Es wird in diesem
                                                       Zusammenhang gelegentlich auf eine amerikanische Prüf-
           Abb. 10 Schema: Tauchen eines geformten Pa-  methode (IEST-RP-CC004) hingewiesen, welche oft auch für
           piers in eine Prüfflüssigkeit (DI-Wasser) nach  die reintechnische Qualifizierung von Reinraum-Reinigungs-
           DIN 50452-1:1995-11                         Tüchern eingesetzt wird. Dabei wird der Prüfling in ein DI-
                                                       Wasser-Bad getaucht und geschüttelt (biaxial shake-test).
                                                       Alternativ sieht die Methode das vorsichtige Begießen des
                                                       Prüflings mit DI-Wasser und die nachfolgende Erfassung der
                                                       Partikelanzahl im DI-Wasser vor. Die beim Begießen ins DI-
                                                       Wasser hinein freigesetzten Partikel werden abfiltriert und die
                                                       Filter werden mikroskopisch ausgewertet. Früher hatten wir
              800
                                                       bei unseren Laborversuchen die Prüflinge dreimal getaucht
              600                                      und anschließend abtropfen lassen (Abb. 10). Dabei ergaben
                                                       sich jedoch Variationskoeffizienten jenseits der 40 %-Marke.
             Part/cm²  400                             Nachdem wir die Anzahl der Tauchvorgänge von drei auf einen

              200                                      reduziert hatten, pegelten sich die Variationskoeffizienten
                                                       zwischen 5,6 % und 31,3 % ein. Bei den Messungen, welche
                                                       in unserem Labor nach dieser Methode durchgeführt wurden,
                0
                   1   2    3   4    5  Büro-          mussten die Tauch- und Abtropfzeiten sehr genau eingehal-
                         Hersteller-Code  Papier
                                                       ten werden. Andernfalls ergaben sich nicht akzeptable Unge-
                                                       nauigkeiten. Die Prüfergebnisse der fünf Reinraum-Papiere
           Abb. 11 Vergleich der Partikelfreisetzung von   verschiedener Hersteller im Vergleich zu Standard-Büropapier
           Reinraum-Papieren und Standard-Büropapier   zeigt Abb. 11. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass
           (5 verschiedene Hersteller plus Büropapier),   wir mit dieser Prüfmethode nicht wirklich zufrieden sind, aber
           Tauch-Methode
                                                       wegen des allgemein reduzierten Bedarfs an reinen Papieren
                                                       infolge von Digitalisierungsmaßnahmen sind wir bisher nicht
                                                       motiviert gewesen, in eine Verbesserung der Prüfmethoden zu
                                                       investieren.
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