Page 285 - Zur Reinheit funktionaler Oberflächen
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Der Reinraum-Anwender ist selten ohne großen Aufwand
selbst in der Lage, die reintechnische Qualität von Reinraum-
Papieren im Anlieferungszustand zu prüfen. Dazu fehlt ihm
zumeist das spezielle Instrumentarium aber auch das in dieser
Richtung ausgebildete Personal und die Datenbasis für eine
vergleichende Beurteilung. Aus diesem Grunde ist es für den
Anwender sinnvoll, die Zusammenarbeit mit einem Hersteller
von reinen Papieren oder einem Reintechnik-Labor zu pflegen,
welches aufgrund seiner in-house-Analytik auch in der Lage
und willens ist, Qualitätsnachweise zu erbringen und wenn
gewünscht ein „Certificate of Compliance“ auszustellen.
Die o. a. bedingt zuverlässige Prüfmethode für die Anzahl der
Abb. 12 Oberfläche Papier Hersteller 1, 250fach
beim kurzzeitigen Tauchen von Reinraum- Papieren ins DI-
Wasser hinein freigesetzten Partikel zeigt als Ergebnis leider
nicht genau was der Anwender wissen möchte. Grundlage der
Qualitäts-Beurteilung sollte die beim Einsatz der Papiere abge-
löste Partikelmenge und deren Größen-Verteilung sein. Es gibt
jedoch z. Zt. keine Prüfmethode mit der die Papierhandhabung
im Reinraum ausreichend und anwendungsnah simuliert wird.
Das liegt auch daran, dass der Partikeltransfer vom Papier auf
andere Reinraum-Oberflächen auf zwei Wegen erfolgt:
• zum einen als Kontakttransfer von der Papieroberfläche auf
eine beliebige Reinraum-Oberfläche hin
• und zum anderen als Teilchen-Ablösung vom Papier bei
Abb. 13 Oberfläche Papier Hersteller 2, 250fach gleichzeitigem Übergang in den luftgetragenen Zustand mit
nachfolgender Sedimentation
Den Autoren sind bisher keine Untersuchungsergebnisse zur
prozentualen Verteilung der beiden Kontaminationswege
bekannt geworden. Wesentliches Argument gegen die o. a.
„Tauch-Methode“ bleibt, dass sich die Natur des Prüflings durch
das Tauchen desselben in das DI-Wasser hinein verändert,
während das Produkt im praktischen Gebrauch nicht einmal
mit Wasser in Berührung kommt.
Aus Japan wird von der hauseigenen Prüfmethode eines Rein-
raum-Betreibers berichtet, bei der ein ultrareiner Wafer mit
definiertem Anpressdruck für eine definierte Zeitspanne auf ein
Blatt Reinraum-Papier gepresst wird. Vor und nach der Prüfung
Abb. 14 Oberfläche Papier Hersteller 3, 250fach
wird die Anzahl der Partikel auf dem Wafer gezählt und es wird
die Differenz gebildet. Diese Prüfung scheint zunächst sehr
einleuchtend für die Simulation des Transfers der Partikel von
Reinraum-Papier zu einer beliebigen Oberfläche. Bei genaue-
rer Betrachtung jedoch ist der Kontakt-Transfer abhängig von
vielen Parametern ohne Handhabungs-Relevanz: So beispiels-
weise von den elektrischen Ladungen des Papiers als auch
der Waferoberfläche, von der Rauigkeit der Papieroberfläche
und nicht zuletzt von der Papierfeuchte. Vorausgesetzt, alle
diese Parameter würden kontrolliert, so könnte man untersu-
chen, ob es zwischen der Kontakt-Transfer-Methode und der
Tauch-Methode zu signifikanten Korrelationen kommt. Wenn
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