Page 306 - Zur Reinheit funktionaler Oberflächen
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Garnstrang gebildet, der aus einer bestimmten Anzahl an
               Größenvergleich 50 nm-Partikel mit den Mikrofilament-  Filamenten besteht. Solche „Multifilament-Garne“ haben im
                  Garn-Kavitäten (siehe schraffierte Fläche) bei   Garnstrang bis zu 175 Filamente mit einem mittleren Filament-
                     geringstem Mikrofilament-Abstand  Durchmesser von 5 bis 10 µm. Das ist der 500-fache Durch-
                                                       messer eines 10 nm-Partikels. Der Atomradius von Alumi-
                                           Durchmesser   nium beträgt zum Vergleich 143 Picometer. Der Durchmesser
                    Filament      Filament  dünner Mikro-
                                           fasern PET/PA  eines 10 nm-Partikels entspricht also demjenigen von 35
                                   5 µm                Aluminium-Atomen.
                                                       Wäre der Nanopartikel (in Abb. 2 unten rechts) ein Kfz von
                                           Vergrößerung
                      A             B      5000fach    4 m Länge, so entspräche die Entfernung von A nach B = 2
                                                       km. Wir können uns also eine riesenhafte Bürste vorstellen,
                                         Durchmesser
                           5000 nm       50 nm         bei der die Haare im Abstand von 200 m angeordnet und 10
                                         Nanopartikel   cm dick sind. Es ist also kaum vorstellbar, dass bei solchen
                                                       Größenverhältnissen unser Nanopartikel von den Filamenten
           Abb. 2 Vergleich Nanopartikel mit dem Mikrofilament-  des Tuchs überhaupt berührt und dort angedockt wird. Aber
           Garn-Kavitäten bei geringstem Mikrofilament-Abstand
                                                       es funktioniert doch – und zwar aufgrund der Wischbewegung.
                                                       Viele Filament-Begegnungen mit dem Nanopartikel kommen
                                                       zustande wenn es ausreichend viele Filamente im Tuch gibt,
                                                       die dem Nanopartikel die Chance zum Andocken geben. Und
                                                       dies geschieht, aber nur bei Tüchern höchster Maschenzahl
                                                       und dünnster Mikrofilamente.

           19.1 Objekt-Oberflächen                     Die klassischen Anlagerungen an Objekt-Oberflächen sind
                                                       Materialfragmente, organische Schichten, Flüssigkeiten und
                                                       Kondensate. Für das wischende Entfernen von Nanopartikeln
                                                       mit Hilfe von mehrfach dekontaminierten HiTech-Wischmitteln
                                                       spielen jedoch sowohl die Art und Viskosität der Verunrei-
                                                       nigung als auch die Rauheit der Objekt-Oberflächen eine
                                                       bedeutende Rolle, wie beispielsweise der Durchmesser der
                                                       Filamente eines Reinigungstuchs. Solitäre Partikel mit einem
                                                       Durchmesser von 15 nm lassen sich beispielsweise rein rech-
                                                       nerisch von Oberflächen mit einer Rauigkeit von Rz = 1000
                                                       nm durch Wischen allein deswegen nicht entfernen, weil eine
                                                       große Anzahl solcher Partikel wahrscheinlich ihren Ruheort in
                                                       den „Tälern“ der Oberflächenstruktur gefunden hat und somit
                                                       an die beim Wischvorgang bewegten Wischmittel-Oberflächen
                                                       nicht „andocken“ kann, weil die Haftkräfte für einen Ortswech-
                                                       sel nicht ausreichend wären.
                                                       Wischendes Reinigen ist ein Phänomen, das im physikalischen
                                                       Sinne wesentlich von den Anziehungs- bzw. Abstoßungs-
                                                       Kräften zwischen Wischmittel-Oberfläche, Objekt-Oberfläche
                                                       und Oberfläche der Verunreinigungs - Objekt bzw. -Verunrei-
                                                       nigungsmasse bestimmt und im chemischen Sinne von den
                                                       Oberflächen-bildenden Stoffen bestimmt ist.

           19.2 Nanopartikel und Gesundheit            Es ist heute bekannt, dass Nanopartikel - in den menschlichen
                                                       Körper, insbesondere in die Lunge gelangt - unerwünschte
                                                       gesundheitliche Auswirkungen haben können - auch deswegen
                                                       weil sie andere chemische Eigenschaften aufweisen als die
                                                       größeren Teilchen. Mit dem Zuwachs an bezahlbarer Mess-
                                                       technik wurden auf diesem Gebiet in den letzten 20 Jahren

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