Page 58 - Zur Reinheit funktionaler Oberflächen
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des Wettbewerbs erfolgen. HiTech-Wischmittel können aus
unterschiedlichen flexiblen Materialien wie beispielsweise
PVA-Schwämmen mit offenporigen Schaumstoffen bestehen.
Zumeist sind sie jedoch aus textilen Werkstoffen wie Gestri-
cken und Vliesstoffen gefertigt. Textile Wischmittel erfahren
im Rahmen ihres Gebrauchs naturgemäß eine Biegebelastung.
Beim Biegevorgang eines Gewebes, Gestricks oder Vliesstoffs
kommt es stets zur Reibung der Filamente/Fasern aneinander
im Garnstrang oder Vliesgewebe. Dabei werden die Ruhe- und
Haftungsorte der Partikel auf den Filament- bzw. Faser-Ober-
flächen verändert. Die Verschiebekräfte wirken auf die ange-
lagerten Partikel und ihre Haftungsbedingungen. Im Rahmen
dieser Bewegungs-induzierten Verschiebung kommt es von
den äußeren Oberflächen des Tuchs her auch zur Partikelfrei-
setzung in die äußere Umgebung hinein. Handelt es sich bei
dem textilen Gebilde um ein Reinigungstuch für den Einsatz in
Reinheits-kontrollierter Umgebung, so muss diese Partikelfrei-
setzung reduziert und überwacht werden.
Die Reduzierung von Partikel/Faserfreisetzung aus textilen
Tüchern in die Umwelt hinein erfolgt konstruktionsseitig in
erster Linie durch die Auswahl geeigneter Reinheits-tauglicher
Ausgangsmaterialien (Gestricke, Gewirke, Vliesstoffe) die von
ihrer Beschaffenheit her nur in vergleichsweise geringem Maße
zur Partikelfreisetzung neigen. In zweiter Instanz sind es die
unterschiedlichen Dekontaminations-Verfahren, durch deren
Anwendung sich die Gebrauch-bedingte Partikel/Faserfreiset-
zung mehr oder weniger reduzieren lässt (vgl. Abb. 2 und 3).
Drittens ist eine intrinsische Partikeladhäsion denkbar, wobei
die Partikel an die im Garninneren befindlichen Filamente/
Fasern mittels adhäsiver Bindemittel gebunden werden.
Im Rahmen des reinigenden Wischmittel-Einsatzes kommt
es zum Partikel- und Stofftransfer A → B, von der Objekt-
Abb. 2 Partikel-Anlagerung an Fasergebilde vor Dekonta- Oberfläche zum Wischmittel hin. Gleichzeitig kommt es jedoch
mination (REM-Foto, 2500fach: Clear & Clean-Forschungs- zu einer in die Gegenrichtung verlaufenden Partikel- und
labor) Stoff-Freisetzung B → A, nämlich vom Wischmittel zur Objekt-
oberfläche hin (Abb. 4). Bei den Reinigungs-Prozessen des
häuslichen oder betrieblichen Gebrauchs spielt die Freiset-
zungsart B → A, also vom Wischmittel zur Objekt-Oberfläche
hin, zumeist keine bedeutende Rolle. Dies ist jedoch beim
Wischmittel-Einsatz in den HiTech-Industrien ggf. anders.
Die Übertragung von Partikelmengen oder Chemikalienresten
selbst im Ultraspuren-Bereich vom Wischmittel zur Objekt-
Oberfläche hin, kann unerwünschte Folgen haben und muss
daher weitgehend vermieden werden.
HiTech-Wischmittel werden in ihrem Herstellungs-Prozess
z. T. hochgradig dekontaminiert und weisen von daher einen
sehr viel höheren Reinheits-Zustand als Reinigungs-Tücher
des häuslichen oder industriellen Gebrauchs auf. Dennoch
finden sich auf den Garn- und Faser-Oberflächen von HiTech-
Abb. 3 Fasergebilde nach Dekontamination
(REM-Foto, 2500fach: Clear & Clean-Forschungslabor) Wischmitteln - wie aquatisch dekontaminierten Filamentgarn-
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