Page 54 - Zur Reinheit funktionaler Oberflächen
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Das REM-Foto zeigt die Einbindung partikulärer Kontamination
                                                       in den Garnstrang nach einer wischenden Reinigungs-Prozedur.
                                                       Dort haften vereinzelte Partikel an den Garn-Filamenten neben
                                                       Partikel-Agglomeraten, die offenbar vor Allem durch mecha-
                                                       nische Klemmkräfte in ihrer Position gehalten werden. Wir
                                                       beobachten also 2 Haftungsvarianten: Partikel-Faser-Haftung
                                                       und interpartikuläre Haftung.

                                                       In einem HiTech-Reinigungstuch der Standard-Abmessungen
                                                       23 x 23 cm aus dem abgebildeten Mikrofilamentgarn sind
                                                       etwa 900.000 Maschen angelegt. Bei gröberen Garnen sind es
                                                       jedoch lediglich 90 000 Maschen. Wischendes Reinigen ist also
                                                       in der beschriebenen Art ein Prozess der kleinflächigen Berüh-
                                                       rungs-Aktivität. Eine Maschenwölbung berührt im Rahmen des
                                                       Wischens zufallsbedingt ein Partikel und wird vermittels der
                                                       bestehenden Haftungs- oder Abstoßungskräfte an ein Filament
                                                       des Maschenkörpers gebunden oder nicht gebunden. Die Reini-
                                                       gungs-Effektivität eines z. B. textilen Gebildes korreliert daher
                                                       mit der Maschenzahl. Bei der Optimierung der Effektivität
           Bildbreite ca. 300 µm          © Yuko Labuda
                                                       wischender Reinigungs-Prozeduren zur Aufnahme und Beseiti-
           Abb. 19 REM Abbildung: Einzelmasche eines HiTech-Rei-  gung partikulärer Kontamination ist immer auch die Kontakt-
           nigungstuchs aus synthetischem Mikrofilament-Garn-Ge-  Wahrscheinlichkeit zwischen Maschenkörper-Gesamtmenge
           strick nach Reinigung einer mit Partikeln belgten Oberflä-
           che (Tuch-Code 2-5)                         und Partikel-Gesamtmenge im Rahmen eines Wischvorgangs
                                                       von Bedeutung. Diese steigt dann, wenn, die mittleren
                                                       Partikel-Feret-Durchmesser in ihren Abmessungen etwa dem
                                                       Filament-Durchmesser der Garnstruktur entsprechen oder bis
                                                       zu 10 x kleiner sind. Diese Kompatibilitäts-Hypothese in Dia-
                                                       grammform einer Gaußschen Glocke bedarf jedoch noch der
                                                       Bestätigung durch das Experiment.

                                                       Eine weitere, immens wichtige Gesetzmäßigkeit in Beziehung
                                                       zur Effektivität wischender Reinigungsvorgänge ergibt sich aus
                                                       der Topographie der menschlichen Hand (s. Kap 17, S. 293 ff.)
                                                       Während die ideale „Wischhand“ zumindest eine ebene auf
                                                       der Objektoberfläche aufliegende Flächenform bildete, kommt
                                                       es in der Realität bei der Tuch-Handhabung in Anbetracht
                                                       der Notwendigkeit das Tuch während des Wischvorgangs
                                                       auch festzuhalten, zum reduzierten, domänenartigen Flä-
                                                       chenandruck, verursacht durch durch die der menschlichen
                                                       Hand eigene Morphologie der ballenförmigen Wölbungen und
                                                       Höhlungen. Infolge dieser Gegebenheit kommt es zu einer von
                                                       der idealen stark abweichenden nutzbaren Wischfläche. Um
                                                       dieser Einschränkung der Reinigungs-Effektivität entgegenzu-
                                                       wirken, Ist es möglich zwischen Wischhand und zu reinigender
                                                       Objektoberfläche Polster zu bilden, wodurch sich die effektive
                                                       Nutzfläche eines Reinigungstuchs vergrößern lässt. Die Pols-
                                                       terbildung kann durch ein- oder zweifaches Falten des Tuchs
                                                       geschehen, womit sich dessen effektive Dicke verdoppelt oder
                                                       vervierfacht.

                                                       Je höher das Tuchvolumen, desto höher ist auch die relative
                                                       Reinigungs-effektive Gesamtfläche.



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