Page 65 - Zur Reinheit funktionaler Oberflächen
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4- Problematisch ist an diesem Prüf-Ansatz zudem die Tat-
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                                                          aus porösen Wischmitteln beim Wischvorgang mit der
                                                          Oberflächen-Rauheit korreliert (vgl. Abb. 14). So erhält
                                                          man bei der Partikel-Prüfung für jede Oberflächen-Rauheit
                                                          ein anderes Prüf-Ergebnis in Partikelanzahl vs. Wischweg-
                                                          länge. Manche Kollegen haben versucht die Problematik
                                                          zu umgehen, indem sie als Prüf-Parameter die extrahierte
                                                          intrinsische Partikelmenge nach Immersion und Schüttel-
                                                          Belastung gewählt haben. Dieser Parameter ist jedoch
                                                          wegen seines nicht vorhandenen Bezugs zur Reinheit der
           Abb. 10 deutliche Korrelation zwischen dem Filament-  Objekt-Oberfläche für die Bewertungs-Praxis eines Wisch-
           Durchmesser und der Reinigungs-Leistung (nach Labuda)   mittels unbrauchbar.
           bei HiTech-Reinigungs-Tüchern.
                                                       Das bedeutet: Nur wenn eine vergleichsweise höhere
            Clear & Clean Running-Drop-Methode         intrinsische Reinheit des eingesetzten Wischmittels
                                                       nach vollzogenem Wischvorgang stets mit höherer
            Ziel: Bestimmung des organischen Oberflächen-  Oberflächen-Reinheit korrelierte, wäre die Anwendung
            Rückstands nach erfolgter Wisch-Prozedur.  der Prüfmethode IEST Abs. 7 - Testing for Particulate
                                                       and Fiber Contamination plausibel. In allen anderen
            1. Hochgradig reine Prüf-Oberfläche, beispiels-  Fällen jedoch nicht.
              weise geglühte Aluminium-Folie, auf der
              Wischbahn eines Linear-Wischsimulators   Und da heraus stellt sich die Frage: Welche Parameter denn
              befestigen.                              bekannt sein müssten, damit die oben erwähnte vermeintliche
            2. Wischsimulation mit Flüssigkeits-getränktem   Korrelation darstellbar wäre? Christian Wendt vom Clear &
              Prüfling ausführen – die Prüf-Oberfläche wird   Clean-Forschungslabor und seine Mitarbeiter haben versucht,
              mit Wisch-Rückständen kontaminiert.      eine solche Korrelation entweder experimentell zu begründen
            3. Gewischte Prüf-Oberfläche aufnehmen und   oder auszuschließen. Dazu wurde die bisher aus der Halbleiter-
              in ein geeignetes Falt-Profilblech einbringen   Technologie zugängliche Messmethode für die Unreinheit einer
              (beispielsweise Faltung um 90 °)         feucht gewischten Oberfläche (Running-Drop-Method bei
            4. Das Profilblech um 30° kippen, einen einzel-  nachfolgender Infrarot-Spektroskopie FTIR) zu einigen Textil-
              nen Tropfen eines potenten Lösungsmittels   Parametern in Beziehung gesetzt.
              applizieren und in der Falz herunterlaufen
              lassen.                                  Bei Durchführung der in Abb. 11 angegebenen Prüfungen
            5. Den Tropfen am Ende der Falz in ein Auffang-  wurden Hinweise auf eine exponentielle Korrelation zwischen
              gefäß tropfen lassen und der chemischen   Masse-bezogenem TOC-Gehalt und dem FTIR-bezogenen
              Analyse zuführen (beispielsweise ATR-FTIR-  Oberflächen-Signal festgestellt (siehe Abbildung 12). Zudem
              Spektroskopie oder GCMS).                konnte umgekehrte Proportionalität zwischen der Ausgasung
                                                       pro Oberflächen-Einheit der Filament-Oberfläche und dem
           Abb. 11 Clear & Clean „Running-Drop-Methode“
                                                       FTIR-Signal festgestellt werden. Zum Erhalt besagter Propor-
                                                       tionalität war es notwendig, zunächst einmal die Garn-Gesam-
             Organischer Gesamt-Kohlenstoff   TOC [µg/g]  Formfaktor Querschnitt und der im Tuch verarbeiteten Gesamt-
                                                       toberfläche des Reinigungstuchs zu bestimmen. Dies geschah
                                                       durch Integration des Filamentprofils zu dem jeweiligen
                                                       Filament-Länge (vgl. Abb. 9).

                                                       Ein prinzipieller Zusammenhang zwischen intrinsischer Textil-
                                                       und Oberflächen-Reinheit bei dekontaminierten HiTech-Wisch-
                                                       mitteln aus Multifilamentgarn-Gestricken kann also nicht aus-
                                                       geschlossen werden. Es ist jedoch notwendig für diese erste
                    CH-Bande (FTIR) auf Objekt-Oberfläche
                                                       Hypothese eine Korrelation durch eine Reihe von Validierungs-
           Abb. 12 Die CH-Bande (FTIR) auf der Objekt-Oberfläche   Schritten mit unterschiedlichen textilen Wischmitteln statis-
           in Korrelation zum Gesamtkohlenstoff TOC im Tuch.  tisch zu verifizieren.

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