Page 87 - Zur Reinheit funktionaler Oberflächen
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Geschwindigkeit     Oberflächen-Ladung  Es lassen sich jedoch nicht alle Reinigungs-Vorgänge mit
                   (cm / s)              (V)           durchgehend feuchten Tüchern durchführen. Beim Einsatz
                     10                  1830          trockener oder nur teilweise gefeuchteter Tücher oder z. B.
                     25                  751           bei solchen mit einer Paraffin-Ausrüstung besteht jedoch die
                     50                  335           Gefahr der triboelektrischen Ladung. Die folgenden Beispiele
                                                       zeigen Probleme auf, die immer wieder auftreten.
           Tab. 3 Oberflächen-Ladung in Abhängigkeit von der Ge-
           schwindigkeit
                                                       Beispiel 1: Wenn etwa die Aufgabe besteht, öl- und fetthaltige
                                                       Verunreinigungen von Oberflächen zu entfernen, so wird in der
                                                       Praxis als Reinigungshilfe zumeist ein brennbares Lösungs-
                                                       mittel wie Aceton, Benzin, Isopropylalkohol etc. Einsatz
                                                       finden. Dieses Vorgehen ist z. B. typisch für die Reinigung von
                                                       Drucksieben im Hybrid-Schaltungs-Siebdruck. Dabei besteht
                                                       die folgende Gefahr: Die Benetzung eines Reinigungstuchs mit
                                                       einem der o. a. brennbaren Lösungsmittel erfolgt oftmals mit
                                                       Hilfe einer Spritzflasche in die Mitte des einfach oder doppelt
                                                       gefalteten oder geknüllten Reinigungstuchs hinein, welches
                                                       in der freien Hand gehalten wird. Zum Einsatzzeitpunkt des
                                                       Reinigungstuchs ist dies also teilweise mit einem brennbaren
                                                       Lösungsmittel getränkt und zum anderen Teil trocken. Wenn
                                                       beim Reinigen trockene Teile des Reinigungstuchs über die
                                                       zum Teil trockenen Flächen der Drucksiebe gerieben wurden,
                                                       so ist es vorgekommen, dass die Lösungsmittel-getränkten
                                                       Flächenanteile durch elektrische Funkenentladung der trocke-
                                                       nen Teile entzündet wurden und auf diese Weise ein Brand
                                                       entsteht. Für solche Einsatzfälle ist es also sinnvoll, Reini-
                                                       gungs-Tücher im feuchten Anlieferungs-Zustand oder solche
                                                       mit reduzierter Aufladbarkeit (Baumwolle) oder nicht ent-
                                                       flammbare Lösungsmittel einzusetzen.

                                                       Beispiel 2: Optische Gläser aber auch andere sehr glatte
                                                       Oberflächen werden oftmals mit Reinigungs-Tüchern gerei-
                                                       nigt, welche aus extrem feinen Garnen bestehen (Mikrofi-
                                                       lament-Garn). Die einzelnen Filamente haben dabei einen
                                                       Durchmesser von < 10 µm. Mit solchen Tüchern lassen sich
                                                       auch dünnste Verunreinigungs-Schichten aus Öl und Fett bis
                                                       hinunter zu einer Dicke von einigen Nanometern mühelos und
                                                       schnell entfernen. Je geringer jedoch die Oberflächenrauig-
                                                       keit zweier Reibepartner ist, desto höher wird tendenziell die
                                                       beim Wischvorgang entstehende triboelektrische Ladung sein.
                                                       Derart geladene Oberflächen ziehen bis zu ihrer Entladung die
                                                       Partikel der Umgebungsluft in besonderem Maße an und somit
                                                       ist die durch den Wischvorgang erzielte Oberflächen-Reinheit
                                                       oftmals von begrenzter Dauer. Dem kann entgegengewirkt
                                                       werden, indem die Reinigungs-Tücher zuvor mit DI-Wasser
                                                       angefeuchtet werden. Dabei darf das Tuch niemals nass sein.
                                                       Es soll in einem Zustand sein, welcher sich als nebelfeucht
                                                       bezeichnen lässt. Das ist weniger als feucht aber mehr als
                                                       trocken. Dieser geringe Feuchtegrad ist in der Praxis nur durch
                                                       eine Sprüh-Befeuchtung (nicht durch eine Spritz-Befeuchtung)
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