Page 233 - Zur Reinheit funktionaler Oberflächen
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Polyester, Polyamid etc. an die Oberflächen angelagert sind, es
                                                       handelt sich speziell um die Oligomere des Polyesters und ggf.
                                                       des Polyamids. Oligomere sind Makromoleküle, die aus 10 bis
                                                       30 gleich strukturierten Einheiten bestehen. Sind sie größer, so
                                                       werden sie als Polymer bezeichnet. Untereinheiten sind Mono-
                                                       mere, Dimere, Trimere usw. [8]. Wir richten unser Augenmerk
                                                       in dieser Schrift ausschließlich auf die Trimere der Gruppe c[G-
                                                       T]3. Sie bilden mit 77 % den größten Anteil an allen Unterein-
                                                       heiten. Der prozentuale Anteil der Oligomere an der Masse des
                                                       Polyestergarns von Reinraum-Tüchern beträgt je nach Autor
                                                       zwischen 1 und 4 %. Oligomere treten bei höheren Tempera-
                                                       turen als + 180 °C stark vermehrt aus dem Polymerkörper als
                                                       Partikel aus. Die Oligomer-Partikel haften nach ihrem Austre-
                                                       ten aus dem Garnkörper an den Garnoberflächen und lassen
                                                       sich von dort beispielsweise durch Flüssigkeits-Extraktion
                                                       teilweise entfernen. Ein Masse-Anteil von 1 % scheint bei
                                                       oberflächlicher Betrachtung gering. Angenommen das Trimer
                                                       des Polyesters hat eine Dichte von 1,37 g/cm³ (amorph) und
                                                       2,5 cm³ sind in einem m² Tuch vorhanden. Dann ergibt das
                                                       eine Masse von 3,37 g. In einem cm³ befinden sich 8 x 10
                                                                                                      9
                                                       Partikel von 0,5 µm. In einem m² Tuch befinden sich also 2,7

                                                                                                         10
                                                       Partikel. Das heißt, in einem Reinigungstuch der Abmessungen
                                                       23 x 23 cm befinden sich also 143 Mio. Partikel. Es handelt
                                                       sich hier also durchaus um ernst zu nehmende Partikelmen-
                                                       gen, deren Austreten aus dem Polymerkörper für die Anwen-
                                                       dungen der Reintechnik fertigungsgemäß durch sorgfältige
                                                       Flüssig-Dekontamination verhindert werden muss.

           14.2.9 Biotische partikuläre                Im Zusammenhang mit dem Reinraum-Verbrauchsmaterial
           Kontamination                               spielt diese Art der Kontamination für viele Anwender keine
                                                       bedeutende Rolle. Für die Verbrauchsmaterial-Anwendungen in
                                                       der Medizin und der Pharma-Industrie sind jedoch sterile aber
                                                       auch Pyrogen-freie Verbrauchsmaterialien oft eine Grundvor-
                                                       aussetzung für den Verbrauchsmaterial-Einsatz. Die Sterilisie-
                                                       rung von Reinraum-Bekleidung, Handschuhen, Tüchern, Swabs
                                                       und anderen Teilen erfolgt heute zumeist durch Gamma-
                                                       Bestrahlung des Verbrauchsmaterials durch Kobalt 60-Strahler
                                                       mit einer Strahlendosis von 25 Gray (J/kg).

                                                       Für eine Reihe von Anwendungen ist es jedoch erforder-
                                                       lich, dass die eingesetzten Tücher nicht lediglich desinfiziert
                                                       sondern auch fertigungsgemäß in einen sterilen und zudem
                                                       Pyrogen-freien Zustand gebracht werden.
                                                       • Desinfizieren bedeutet einen Zustand herbeiführen, bei dem
                                                         nach einem bestimmten Testverfahren von 1 Million vermeh-
                                                         rungsfähiger Keime (kbE) maximal 10 überleben.
                                                       • Sterilisieren hingegen bedeutet, dass von einer Million kbE
                                                         maximal eine Einheit überlebt.
                                                       Die Einheit kbE - koloniebildende Einheiten (engl. colony
                                                       forming unit - CFU) bezieht sich auf die Anzahl von Mikroor-
                                                       ganismen, die sich in angemessener Verteilungs-Dichte bei


                                                                                                        233
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