Page 238 - Zur Reinheit funktionaler Oberflächen
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fältige Präkonditionierung von Prüflingen kann hier nur bis zu
einem gewissen Grad Abhilfe schaffen.
14.3.2 Plausible Simulations-Kenngrößen Als plausible Simulation des wischenden Reinigens steht bei
genauer Betrachtung nicht die Erfassung der Partikelabgabe
des Tuchs in die Umgebung (wie bei der Gelboflex-Methode,
siehe Seite 250) im Fokus unserer Betrachtung und auch nicht
die Erfassung der Partikelmenge, die nach Tuch-Immersion
in eine Prüf-Flüssigkeit übergeht (IEST-RP-CC004.4-Methode,
siehe Seite 250). Die einzige Praxis-relevante Kenngröße
ist der Kontaminations-Zustand der Objekt-Oberfläche nach
erfolgter Reinigungs-Prozedur. Aber ausgerechnet für diesen
Kennwert von zentraler Bedeutung wird bisher kein plausibles
und gleichzeitig bezahlbares Prüf-System angeboten, das uns
den interessanten Partikelgrößen-Bereich von 0,1-2 µm, die
chemischen Bestandteile von Oberflächen-Filmen oder deren
Dicke im Bereich von 1 - 100 nm messtechnisch zugänglich
macht.
Der Simulation von Material-Anwendungen sollen möglichst
einfache, insbesondere aber realitäts-konforme Modelle
zugrunde liegen. Zur Simulation der Gebrauchs-Partikelfreiset-
zung nutzen wir beispielsweise im nachstehend beschriebenen
Fall Handhabungs-typische Bewegungen, mit denen sich der
Einsatz eines Verbrauchsmaterials realitäts-konform nachbil-
den lässt.
14.3.3 Beispiel: Reinraum-Handschuhe Partikel-Abgabe von Reinraum-Handschuhen gemessen mit
dem C&C-ManuStretch-Test: die ausführliche Beschreibung
findet sich auf Seite 248.
Wir definieren zur Bestimmung der Gebrauchs-Partikelfrei-
setzung die Öffnung der geballten Faust bis hin zur weit
gestreckten Hand. Dieser Bewegungsablauf geschieht in
einem definierten Abstand oberhalb der Partikelsonde eines
Luftpartikel-Zählers. Dazu dient eine Armauflage-Vorrichtung.
So scheinen die grundsätzlichen Voraussetzungen für eine
plausible Methode mit direkter Partikel-Erfassung gegeben,
wären da nicht die Umwelt-Einflüsse auf die Partikelhaftung.
Diese müssen für die unterschiedlichen Messorte anhand von
Messreihen untersucht und dokumentiert werden. Der Beweis
für die Funktionalität von Mess- und Prüf-Systemen ergibt sich
aus deren Plausibilität. Diese lässt sich statistisch durch den
Variations-Koeffizienten ausdrücken, der als relatives Streu-
ungsmaß von der Maßeinheit der Zufallsvariablen unabhängig
ist. Der Variationskoeffizient v einer Variablen-Reihe errechnet
sich aus s = Standardabweichung der Daten dividiert durch
ihren Mittelwert x-quer. Bei den teils porösen teils elastischen
Materialien des Reinraum-Verbrauchsmaterials gehen wir
davon aus, dass eine Prüfmethode bei gesichertem Variations-
Koeffizienten von bis zu 30 % plausibel ist, wenngleich wir
bei manchen Prüfungs-Arten auch Werte von 50 % noch als
plausibel akzeptiert haben. Die nachstehend beschriebenen
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