Page 240 - Zur Reinheit funktionaler Oberflächen
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Dekontaminations-Zeiten der Fertig-Gestricke zu bestimmen.
                                                       Dabei ist es vorteilhaft nach Oligomer- und anderen Partikeln
                                                       zu unterscheiden. Eine entsprechend genaue apparative Ana-
                                                       lytik kann hier gute Dienste tun. Dazu müssen die Oligomere
                                                       zunächst durch Immersion des Prüflings in kaltem Dioxan von
                                                       den Filamenten des Garns abgelöst werden. Hier ist es beson-
                                                       ders wichtig die Ablösungszeiten der Oligomere den Maschen-
                                                       dichten der betreffenden Gestricke anzupassen und darauf zu
                                                       achten, dass bei jeder Messung die gleichen Analysenzeiten
                                                       eingehalten werden. Wir empfehlen, die quantitative Oligome-
                                                       ren-Bestimmung mit Hilfe der UV-Spektroskopie bei einer Wel-
                                                       lenlänge von 240 bzw. von 254 nm durchzuführen. Für diese
                                                       Wellenlängen wurden sowohl ein Peak als auch eine Eichkurve
                                                       [19] erhalten. Es ist aber auch möglich die Oligomere mit Hilfe
                                                       der Dünnschicht-Chromatographie nach Valk, Stein und Dugal
                                                       (Kieselgelplatte 0,5 mm, Laufmittel Chloroform/Äther = 9:1)
                                                       zu bestimmen oder mittels der HPLC-Chromatographie.

           14.3.6 Realität und Simulation filmischer   Auf den Polyestergarnen aus denen ein großer Teil der
           Kontamination                               Reinraum-Tücher, Swabs und auch die Reinraum-Bekleidung
                                                       besteht, so wie auf Handschuhen, finden sich aus den Herstel-
                                                       lungs-Prozessen u. a. die folgenden Chemikalien-Rückstände
                                                       (engl. NVR - Non-Volatile Residue): Silikonöl, DOP-Weich-
                                                       macher, Tensid- und Spinnöl-Rückstände sowie Amide. Beim
                                                       wischenden Reinigungsvorgang lösen sich im Zusammenhang
                                                       mit dem Gebrauch von Lösungsmitteln die genannten Chemi-
                                                       kalien-Rückstände von den Garn-Oberflächen und gelangen
                                                       vermittels der Flüssigkeits-Verteilung der Lösungsmittel-Anteile
                                                       auf die Objekt-Oberflächen. Chemikalien-Rückstände können
                                                       die Funktionalität von Halbleiter-Schaltkreisen, Speicherplat-
                                                       ten, Spiegelsystemen der Lasertechnik, optischen Gläsern
                                                       und vielen anderen technischen Systemen erheblich beein-
                                                       trächtigen. Um abzuschätzen welche Masse aus den diversen
                                                       Verbrauchsmaterialien beim wischenden Reinigen auf die
                                                       Objekt-Oberflächen gelangt, werden im Allgemeinen die im
                                                       textilen Gebilde enthaltenen Rückstände z. B. gemäß Methode
                                                       ASTM E1560-11 oder bei Reinraum-Handschuhen nach ASTM
                                                       Methode E1731 bestimmt. In der Praxis wird dieser Prüfan-
                                                       satz jedoch immer wieder zur Ursache grober Bewertungs-
                                                       fehler. Wenn z. B. in einem Wischmittel der Gesamt-Masse
                                                       von 8 Gramm vor der Dekontamination 1,6 g und danach
                                                       0,6 g nicht flüchtiger Rückstände enthalten sind, dann ent-
                                                       spricht dies etwa einer Masse von 10  g/cm -Tuchfläche. Auf
                                                                                     -3
                                                                                           2
                                                       der Wischmittel-gereinigten Oberfläche einer Quarz-Waage
                                                       messen wir bei ersten Versuchen jedoch lediglich 10  g/ cm
                                                                                                        2
                                                                                                  -7
                                                       Rückstände, also den 100ten Teil der im Wischmittel enthal-
                                                       tenen Rückstandsmenge. Dies erklärt die geringe Plausibilität
                                                       mancher der bisher gebräuchlichen Prüf-Ansätze. Der Erkennt-
                                                       nis-Stand hat sich mit der Verfügbarkeit Piezo-elektrischer
                                                       Waagen deutlich verbessert. Damit sind nun Wägungen im
                                                       Bereich von einigen Nanogramm möglich. Bisher war es nicht
                                                       leicht, die Masse zu bestimmen, die beim Wischvorgang vom
                                                       Tuch auf die Oberfläche gelangt. Es ist jedoch offensichtlich,

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