Page 27 - Zur Reinheit funktionaler Oberflächen
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nischen Fortschritt betrachten, dann ist diese Entwicklung
unübersehbar. Die Diffusionsöfen in der Halbleiter-Fertigung
beispielsweise sind heute ganz anders konstruiert als noch
vor 20 Jahren. Früher war es gefährlich, wenn ein Operator
beispielsweise mit TiO -haltigen Materialien in die Ofenzone
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kam. Das ist heute alles sehr viel intelligenter und abgeschlos-
sener gelöst. Es ist anzunehmen, dass immer mehr Maschi-
nen entstehen, in denen sich inhärent reine Räume im Sinne
von Kammern befinden. Das sind Maschinen die zunehmend
Selbstreinigungs-Mechanismen haben werden, so dass es des
äußeren Reinraums nicht mehr im gleichen Maße bedarf wie
zuvor. Diese Entwicklung wird auch erheblichen Einfluss auf
den Bedarf an Reinraum-Verbrauchsmaterial und auf die Rein-
haltung von Reinraum-Interiors als Dienstleistung haben.
Gerhard Rauter, damals Technischer Direktor der Infineon AG
Dresden, sagte in seinem viel beachteten Lübecker Symposi-
ums-Vortrag im Jahr 2002 zur Zukunft der Reinraum-Indust-
rie: “In unseren SMIF-Reinräumen wären wir wahrscheinlich
schon heute in der Lage, mit einfachen Kitteln anstelle von
Reinraum-Overalls zu arbeiten, aber wir wissen es nicht genau
und dann macht man es eben nicht.“
Insbesondere die Computer-Technologie und deren Märkte
haben die Entwicklung von Speicher-Chips sehr beeinflusst
und damit auch die Techniken des Reinen Arbeitens. Compu-
ter-Chips haben heute Leiterzug-Breiten im H20 und versuchs-
weise /5 Nanometer-Bereich. Diese Entwicklung hat man noch
vor 20 Jahren nicht für möglich gehalten. Der Autor erinnert
sich gut an den Vortrag eines Physikers der Universität Köln,
der 1988 behauptet hatte, das Ende der möglichen Leiterzug-
breiten-Reduzierung stände kurz bevor, denn ab irgendeiner
Leiterzugbreite wäre kein Elektronenfluss mehr möglich. Das
hat sich jedoch bisher noch nicht bewahrheitet.
Große Equipment-Hersteller der Halbleiter-Branche wie ASML,
Applied Materials, Varian, Canon, Süss oder Lam Research,
sind sehr innovativ und entsprechend erfolgreich. Wir müssen
andererseits damit rechnen, dass eingedenk der komplexeren
Strukturen der Endprodukte nun auch komplexer struktu-
rierte Verunreinigungen bereits in geringsten Mengen auf den
Fertigungs-Prozess wirksam werden können. Dies zeigt sich
beispielsweise bei der ionischen und molekularen Kontami-
nation (AMC - Airborne Molecular Contamination). Auch wird
die Applikation von Nanopartikeln und die damit verbundene
Messtechnik einen erheblichen Bedeutungs-Zuwachs erfahren
und unzählige neue Anwendungen mit sich bringen.
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