Page 24 - Zur Reinheit funktionaler Oberflächen
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zu geben. Außerdem war Lieberman einer derjenigen, die
eloquent am Federal Standard 209 mitgearbeitet hatten. Aus
seiner Feder sind zudem einige Bücher und eine Unzahl von
Aufsätzen geflossen. Einer der Technologie-Preise des IEST
Institute of Environmental Science and Technology in den USA
trägt seinen Namen.
Ein anderer amerikanischer Erfinder/Entrepreneur aus dem
Bereich der Contamination Control war Edward Paley (siehe
Abb. 9, Seite 23), (1924-2012). Er hatte in den 60er Jahren
eine visionäre Idee in Bezug auf den zunehmenden Reinheits-
bedarf zukünftiger HiTech-Industrien: Paley ahnte, dass die
Strukturen der damals aufkommenden Mikroelektronik mit der
Zeit immer kleiner würden, während die Verunreiniger - Staub
und Schmier - ihre ursprüngliche Größe behielten. Aus dieser
zunehmenden Differenz der Strukturen sah er bedeutende
Industrien erwachsen. Im Jahr 1964 gründete er die Texwipe
Inc. und begann Spezial-Produkte für das wischende Reini-
gen zu entwickeln, die damals Innovations-Charakter hatten.
Als Paley das Unternehmen 2001 für 100 Millionen Dollar
verkaufte, arbeiteten dort 400 Mitarbeiter. Es heißt, Paleys
überaus großzügige Gattin Florence habe nach dem Verkauf
eine Million Dollar an die Texwipe-Mitarbeiter verteilt.
1.3 Die Anfangsjahre Wir sprechen über das Ende der fünfziger Jahre, als die Rein-
als auch die Reinraumtechnik in den Industrieländern, insbe-
sondere jedoch in den USA, eine erste Phase des Aufschwungs
hatten. Zunächst sollte jedoch eine verbindliche Norm
geschaffen werden und so erfolgte im Jahr 1963 in den USA
die Veröffentlichung des US Federal Standard 209 “Cleanroom
and Workstation requirements, Controlled Enviroment“. Der
Standard 209 wurde bis zum Jahr 1992 fünfmal dem Stand der
Technik angepasst und 2001 durch eine ISO-Norm abgelöst
(ISO 14644-1).
Wie immer, wenn sich eine Technologie im Anfangsstadium
befindet musste zunächst viel experimentiert werden, denn
es gab noch keine homogen gewachsene Reinraum-Typologie.
Vor allem aber gab es selbst zu Beginn der achtziger Jahre
noch kein gewachsenes Reinheits- und Hygiene-Bewusstsein
der im Reinraum eingesetzten Mitarbeiter. In einem großen
Reinraum im Südwesten Deutschlands beispielsweise musste
der amerikanische Betreiber das Tragen des vorgeschriebenen
Mundschutzes durch Entlassungs-Androhung durchsetzen. In
einem Reinraum im französischen Essonne - so heißt es - traf
man anfangs auch mal den einen oder anderen Operator mit
brennender Zigarette an. Die Reinraum-Technik entwickelte
sich in Deutschland ab Mitte der fünfziger Jahre zunächst
langsam. In den Sechzigern wurde sie von der zunehmenden
Germanium-Transistor-Fabrikation befruchtet, die damals eher
in Sauber-Räumen als in Reinräumen erfolgte. Es folgte dann
jedoch relativ schnell - etwa ab 1962 - die Silizium-Technolo-
gie, die aus den USA zu uns herüber kam. Nun wurden auch
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