15
gekerbt, ein eindinglicherer Aufruf zu sein als das A in einem Kreis,
welches wir als Sprayzeichen auf vielenWänden unserer nächsten Umge-
bung kennen. Das Ende der Liebe bei
F121
(
Nadège, Fin d Amour -
Nadège, das Ende der Liebe,28) bedurfte offenbar des Mediums der
Gravur, um das ohnmächtige Gefühl der Enttäuschung in seiner ganzen
Intensität zu zeigen. In den Stein gemeißelt wird das Ende der Liebe zu
Nadège mit einer Endgültigkeit besiegelt, bei der jeder einzelne Buch-
stabe die Emotionalität des Graveurs bewahrt.
Aber nicht nur das geschriebene Wort, sondern auch die Zeichnung
begegnet uns als Mauerkerbung auf den Wanderungen durch dieses
Oeuvre. Bei
F94 (35), F105
(34)
und auch bei
F30 (33)
finden wir die
Strichgesichter unserer Kindertage. Sie ähneln unseren ersten Versuchen,
menschliche Gesichter darzustellen. Das Kind wählt immer den direkte-
stenWeg. Mit einem Kreis, wenigen Punkten und Strichen kommt es zum
gewünschten Ziel und hat damit ein Abbild geschaffen, das in seiner
Aussagekraft und Archaik nicht zu überbieten ist. Auch hier gedenkt
Labuda eines großen Künstlers des 20. Jahrhunderts - Paul Klee -, der in
seinen Werken bei geschickter Einbringung geometrischer Elemente,
trotz seines zur Abstraktion tendierenden Umfeldes, stets die dingliche
Welt abbilden wollte.
F105 (34)
und
F5 (21)
sind Gravuren, die nicht in
eine Mauer, eine Wand sondern in das Holz, in die Rinde eines Baumes
gekerbt sind. Man kann beobachten, wie sehr sich diese Oberflächen-
struktur von der einer Mauer unterscheidet. Bei
F94 (35)
sieht man die
Risse der Rinde und die organische Lebendigkeit des Ganzen teilt sich
mit. Auf der anderen Seite kann man bei
F5 (21)
zwar ausmachen, dass
es sich um einen Baum handelt, tritt man jedoch einen Schritt zurück,
dann ist die graue Ebenmäßigkeit der Oberfläche fast nicht mehr von der
einerWand zu unterscheiden.
Türen und Tore
Integraler Bestandteil einer jeden Mauer ist das Tor; symbolisch steht es
für den Übergang in eine andere Welt. Der Durchlass durch eine Mauer,
sei es Tür, Tor, Fensterladen oder Luke, wird in diesem fotografischen
Werk stets als Teil der Mauer verstanden und auf Oberflächenstruktur
und seinen metaphorischen Gehalt hin betrachtet und festgehalten. Ob
die Öffnung der Mauer nun als Schwachstelle in der unüberwindlich
scheinenden Festigkeit der Mauer gesehen wird oder als eine Möglichkeit
der Überwindung einer Barriere; ihre unterschiedliche Erscheinungs-
form birgt beide Seiten in sich. Und manches Mal scheint sie auch - ohne
jedes Mysterium - bloßer Durchlass, ein Bild, welches dennoch fasziniert.
In
F80
(29) ist es wohl die Kombination aus verschlossener Wandklappe
und einem kleinen schwarzen Männchen, welches sich mit freudig erho-
benen Armen auf und davon macht. Das Schloss geht mit der weißen
Mauerfläche fast eine strukturelle und farbliche Einheit ein, worauf sich
das schwarze Sprühmännchen absetzt und einen sowohl inhaltlichen als
auch Tonwert-Gegensatz bildet. Die Fotografie
F132 (31)
, in Pamplona,
Spanien, aufgenommen, bannt alle geheimnisvollen und verheißungs-
vollen Elemente in ein Bild, die für uns mit einer verschlossenen Tür
einhergehen. Früher war es vor dem Heiligen Abend die verschlossene
Tür zumWohnzimmer, die uns mit intensiver Erwartung erfüllte und von
der wir den Blick nicht wenden mochten. In diesem Sinne wird das Tor
einer Stierkampfarena zum Symbol für die Welt der Spannung, des Leids,
der Freude und auch des Todes, die sich für manchen dahinter verborgen
haben. Solange wir nicht wissen, wo diese Tür hinführen mag, ist sie bloß