Win Labudas Mauerbilder - page 9

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Hommage an Barnett
Newman II,
F 072
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Vive l' anarchie,
F 142
in vielen seiner Fotografien erkennen, und für jeden Kenner moderner
Kunst kann die Beschäftigung mit seinen Mauerbildern zum Spiel des
Wiedererkennens werden. In seinen fotografischen Blättern nimmt er
manchmal direkten Bezug auf Künstler, die Einfluss auf seine Motivaus-
wahl gehabt haben, womit wir zu einem nah angrenzenden Themenkreis
der Fotografien kommen, nämlich den auf dieWand gemalten abstrakten
Flächenbildern.
Abstrakte Mauerbilder
In
F12
(10) würdigt mein Vater einen der bedeutendsten amerikanischen
Künstler der Moderne. Barnett Newman (1905-1970) kann oberflächlich
gesehen der Farbfeldmalerei zugeordnet werden, die sich Anfang der
50er Jahre als Gegenbewegung zum Abstrakten Expressionismus in
Amerika etablierte und weitreichenden Einfluss auf nachkommende Stil-
richtungen der Malerei und der Bildhauerei hatte. Charakteristisch für
Newmans Stil wurden die berühmten „ZIPS“ - zum Großteil großforma-
tige, strahlende Farbflächen, die von schmalen kontrastierenden Farb-
bändern durchlaufen werden. Sowohl mit seiner bildnerischen Erarbei-
tung des Meditativen und Sublimen, in den in sich selbst und auch zum
Umraum ohne Rangordnung organisierten Farbfeldern, als auch mit
seinen theoretischen Schriften, etablierte sich Newman als herausra-
gende Künstlerpersönlichkeit der USA.
In
F12 (10)
wurde ein starker Schwarz-Weiß Kontrast abgebildet, wobei
sich die weißen Farbflächen nicht klar gegen die schwarzen abgrenzen,
sondern einen unregelmäßigen Verlauf in Form und Tonwert aufweisen.
Der „ZIP“ dieses Bildes wird gebildet durch ein vertikales schwarzes
Band, welches sich als eine durchgehende Kontur der Mauerstruktur
hervorhebt. Während in
F 72 (25)
insbesondere an den klaren, hierarchie-
freien Bildaufbau Barnett Newmans erinnert wird, kann man in
F12 (10)
dem metaphysischen und meditativen Aspekt seiner Bilder nachspüren.
Ein Großteil der Fotografien zeigt unbewusst erschaffene, abstrakte
Malereien Unbekannter auf Mauern und Wänden. Oft handelt es sich
dabei um Übermalungen, Ausbesserungen oder um Farbschichten, die
aus den unterschiedlichsten Gründen unbewusst nacheinander aufge-
tragen wurden und welche sich erst im Auge des Fotografen zu einer
abstrakten Form fügen. Diese Mauerbilder haben von der Grundtendenz
her eine ähnliche Richtung wie die besprochene Hommage an Barnett
Newman. Einerseits findet man streng geometrische Formen, die sich
gegeneinander durch klare Linien und Hell-Dunkel-Kontraste abgrenzen
wie bei
F83 (4)
oder
F84 (13)
. Andererseits gibt es unregelmäßig aufgetra-
gene, expressive und gestisch anmutende Mauermalereien z.B. bei
F85
(9)
. Diese Bilder sind Momentaufnahmen eines Vorbeigehenden, der
1,2,3,4,5,6,7,8 10,11,12,13,14,15,16,17,18,19,...21
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